FAQ

Wir möchten Sie bestmöglichst informieren. Dazu finden Sie hier kurze Erläuterungen zu zentralen Begriffen der Mediation und des Konfliktmanagements.

Das Harvard Negotiation Project der amerikanischen Harvard-Universität untersuchte Anfang der 80er Jahre des 20. Jahrhunderts Hunderte von Verhandlungen zur Ermittlung der Faktoren, die eine Verhandlung zum Erfolg führen. Roger Fisher und William Ury resümierten aus den Ergebnissen dieses Projektes die Strategie des zielgerichteten und prozessbewussten Verhandelns – in Deutschland meist unter der Bezeichnung „Harvard-Konzept“ bekannt.

Im Vordergrund steht ein sachorientiertes Verhandeln, welches die eigentlichen Interessen der Kontrahenten in den Mittelpunkt stellt.

Dem Harvard-Konzept liegen die folgenden vier Prinzipien für eine erfolgreiche Verhandlung zugrunde:

  1. Trenne Person und Sache
  2. Konzentration auf Interessen statt Positionen
  3. Entwickle Optionen zu beiderseitigem Vorteil
  4. Bewerte Optionen nach objektiven Kriterien

Die wissenschaftlich erwiesene Effizienz des interessenorientierten Verhandlungsansatzes nach dem Harvard-Konzept macht ihn zum international anerkannten Leitbild der aktuellen Verhandlungstheorie und der Mediation.

Weiterführende Literatur: Fisher, R./Ury, W./Patton, B. (2009): Das Harvard-Konzept. 23. Auflage, Campus Verlag, Frankfurt/New York.

Der Transformationsansatz („transformative mediation“) sieht das primäre Ziel einer Konfliktregelung nicht in dem Auffinden einzelner Problemlösungen sondern er stellt die beteiligten Personen selbst in den Mittelpunkt. Das eigentliche Potenzial von Mediation wird darin gesehen, die Menschen in ihrem Diskursverhalten zu ändern und Prozesse des sozialen Lernens zu initiieren.

Zentrale Zielgrößen dieses Ansatzes sind Befähigung (Empowerment) und Anerkennung (Recognition). Die Beteiligten werden befähigt, ihre eigenen Konflikte selbstverantwortlich zu regeln und gewinnen dadurch an Selbsterkenntnis und Selbstbewusstsein. Darüber hinaus lernen sie, sich gegenüber Andersdenkenden zu öffnen, deren Situation nachzuvollziehen und deren Einstellungen anzuerkennen. Die Wahrnehmung anderer Perspektiven als Bestandteile des gleichen Konflikts eröffnet den Konfliktparteien ein größeres Spektrum effizienter Handlungsoptionen für sich selbst und alle anderen Beteiligten.

Weiterführende Literatur: Bush, R.A./Folger, J.P. (2005): The Promise of Mediation – The Transformative Approach to Conflict. Jossey-Bass Verlag, San Francisco.

Wirtschaftsmediation bezeichnet den Einsatz von Mediation im Wirtschaftskontext. Dabei können drei grundsätzliche Anwendungsfelder unterschieden werden:

  1. Innerbetriebliche Konflikte (Konflikte in Teams, zwischen Führungskraft und Mitarbeiter etc.)
  2. Konflikte zwischen Unternehmenseinheiten/Konzernunternehmen (sog. Konzernmediation)
  3. Zwischenbetriebliche Konflikte (Konflikte zwischen eigenständigen Unternehmen)

Alternativ wird auch der Begriff der Organisationsmediation verwendet. Diese Bezeichnung macht deutlich, dass Mediation sowohl bei Profit- als auch bei Non-Profit-Organisationen eingesetzt werden kann.

Mediationskompetenz beinhaltet im Kern die Fähigkeiten zu ziel- und auftragsbezogener Arbeit in komplexen und emotionalisierten Situationen. Der Mediator ermöglicht Strukturen, die anderen erlauben, selbstorganisierte Lösungen zu finden. Mediationskompetenz stiftet daher in vielfältigen Bereichen einen nachhaltigen Nutzen. Im beruflichen Kontext befähigt sie dazu, komplexe Kommunikations- und Entscheidungsprozesse effizient und konstruktiv zu führen.

Mediationskompetenz stellt eine sog. Querschnittskompetenz dar, d.h. sie beinhaltet Teilkompetenzen aus allen vier Basiskompetenzgruppen. Dazu zählen (1) die Personale Kompetenz, (2) die Aktivitäts- und Handlungskompetenz, (3) die Fach- und Methodenkompetenz und (4) die sozial-kommunikative Kompetenz. Im Zentrum der Mediationsausbildung steht daher die Kompetenzentwicklung jedes einzelnen Teilnehmers.

Die erste umfangreiche Erforschung von Mediation aus kompetenztheoretischer Perspektive legten Kreuser, Heyse & Robrecht 2012 vor. In einer Umfrage mit 562 Teilnehmern wurden die wichtigsten Schlüsselkompetenzen für die Ausübung der Mediatoren-Tätigkeit ermittelt. Die Ergebnisse finden Sie in der Publikation: Kreuser, K./Heyse, V./Robrecht, T. (2012): Mediationskompetenz – Mediation als Profession etablieren, Waxmann Verlag, Münster.

Nach dem im Juli 2012 in Kraft getretenen Mediationsgesetz können Mediatoren entweder als „einfache“ oder als „zertifizierte“ Mediatoren tätig werden. Ziel des Gesetzgebers war es, eine Motivation für Mediatoren zu schaffen, bestimmte Aus- und Fortbildungsstandards zu erfüllen, um die Qualität der Mediation insgesamt zu verbessern und eine größere Markttransparenz für Mediationsdienstleistungen zu etablieren.

An die Bezeichnung des „zertifizierten Mediators“ sind bestimmte Anforderungen gestellt, die sich nach der am 1.9.2017 in Kraft getretenen Verordnung über die Aus- und Fortbildung von zertifizierten Mediatoren (Zertifizierte-Mediatoren-Ausbildungsverordnung: ZMediatAusbV) richten. Danach kann sich zertifizierter Mediator nennen, wer einen Ausbildungslehrgang von mindestens 120 Präsenzzeitstunden und eine Einzelsupervision zu einer von ihm als (Co-)Mediator durchgeführten Mediation gemacht hat. Die Inhalte der Ausbildung müssen den in der Anlage zur ZMediatAusbV genannten Voraussetzungen entsprechen. Die Zertifizierung als Mediator ist darüber hinaus an eine Fortbildungspflicht gebunden. Innerhalb von 2 Jahren nach Abschluss der Ausbildung sind 4 Einzelsupervisionen, jeweils im Anschluss an eine eigene Mediation, durchzuführen. Ferner sind regelmäßig, innerhalb von 4 Jahren, 40 Zeitstunden Fortbildung zu absolvieren.
Für den „einfachen Mediator“ gibt es keine Mindestvoraussetzungen hinsichtlich der Aus- und Fortbildung. Er muss lediglich in Eigenverantwortung sicherstellen, dass er die Parteien in sachkundiger Weise durch die Mediation führt und die Verantwortung für das Verfahren trägt.
Daneben gibt es weiterhin die „lizensierten Mediatoren“, die die Standards der Mediations-Bundesverbände erfüllen (s. Mediationsverbände)

In Deutschland gibt es drei große Bundes-Mediationsverbände – den Bundesverband Mediation (BM), die Bundes-Arbeitsgemeinschaft für Familien-Mediation (BAFM) und den Bundesverband Mediation in Wirtschaft und Arbeitswelt (BMWA). Diese Verbände haben in den letzten 25 Jahren (BM und BAFM) die Mediationslandschaft, Qualitätssicherung und die Fortentwicklung der Mediation entscheidend mit geprägt. Jeder Verband hat eigene Mediationsstandards, die zur Bezeichnung als „lizensierter Mediator“ (BM/BAFM/BMWA) erfüllt sein müssen. Seit 2008 erkennen sich die drei Verbände wechselseitig ihre Ausbildungsgänge und Zertifikate an. Eine Lizensierung bei den Bundesverbänden bietet, neben einer Zertifizierung im Sinne des Mediationsgesetzes, die Möglichkeit einer zusätzlichen Qualifizierung, da die Standards über die ZMediatAusbV hinausgehen. Zudem ist durch eine Verbands-Lizensierung sichergestellt, dass die Anforderungen durch erfahrene Mediatoren einer Anerkennungskommission geprüft wurden und den hohen Standards und dem ethischen Verständnis entsprechen. Des weiteren bieten Verbände persönliche Vernetzung, Fortbildungen, Kongresse und vielfältige Möglichkeiten an, sich für die Mediation – auch in unterschiedlichen Bereichen und Fachgruppen – zu engagieren.
Über die jeweiligen Standards und Anforderungen können Sie sich direkt bei den Verbänden informieren:

Bundesverband Mediation (BM)

Bundes-Arbeitsgemeinschaft für Familien-Mediation (BAFM)

Bundesverband Mediation in Wirtschaft und Arbeitswelt (BMWA)

Cooperative Praxis (englisch: Collaborative Practice, Collaborative Law) ist ein mediationsanaloges Verfahren. Sowohl die grundlegenden Prinzipien als auch der strukturierte Ablauf sind deckungsgleich zur klassischen Mediation. Der zentrale Unterschied besteht darin, dass das Verfahren nicht grundsätzlich durch einen Mediator sondern durch die beteiligten Berufsgruppen gesteuert wird. Dazu zählen Anwälte (mit Mediationsausbildung), Coaches und neutrale Experten (z.B. Kinderexperten, Finanzexperten etc.). Welche Berufsgruppen einbezogen werden, hängt fallspezifisch an den Bedürfnissen der Parteien.

Seit der Entwicklung des Verfahrens vor über zwanzig Jahren in den USA wird das Verfahren mittlerweile auch in vielen Ländern Europas angewendet (England, Irland, Schottland, Niederlanden, Belgien, Frankreich, Schweiz, Österreich, Ungarn, Tschechoslowakei und Italien). In Deutschland wurde CP über das Eidos Projekt Mediation von Dres. Gisela & Hans-Georg Mähler im Jahre 2007 erstmals eingeführt.

Cooperative Praxis ist als Verfahren zur Begleitung von Trennung und Scheidung entwickelt worden und findet zunehmend Eingang bei komplexen Wirtschaftskonflikten sowohl zwischen Personen/Unternehmen als auch in Unternehmen/Organisationen.

Das Verfahren der Mediaton zählt zu dem Feld der Alternative Dispute Resolution (ADR). Unter dem Sammelbegriff der alternativen Konfliktlösungsverfahren werden Ansätze vereint, die außerhalb des klassischen Zivilprozesses ablaufen und zur Lösung des Konflikts einen neutralen Dritten einschalten. Eine trennscharfe Abgrenzung der einzelnen Verfahren gestaltet sich schwierig, da die Übergänge untereinander oftmals fließend sind.

Zu den prominentesten ADR-Verfahren zählen die Schlichtung, das Schiedsverfahren und die Mediation.

Wenn spezifische Elemente der Konfliktbearbeitung zentral gesteuert und zu einem schlüssigen Gesamtsystem verknüpft werden, spricht man von einem Konfliktmanagementsystem (KMS). Das derzeit in Deutschland führende Modell in diesem Bereich stellt das Viadrina-Komponentenmodell dar. Im Zuge der qualitativen Studie „Konfliktmanagement – von den Elementen zum System“ hat das Institut für Konfliktmanagement der Europa-Universität-Viadrina im Jahr 2011 sieben Komponenten des Konfliktmanagements identifiziert. Dazu zählen:
  1. Konfliktanlaufstellen
  2. Systematik der Verfahrenswahl
  3. Konfliktbearbeiter
  4. Verfahrensstandards
  5. Dokumentation/Controlling/Qualitätssicherung
  6. Innen- und Außendarstellung/Kommunikation
  7. Steuerungsinstanz zur systematischen Vernetzung
Erst das sinnvolle Zusammenwirken der einzelnen Elemente und deren Einbettung und Verankerung in der Unternehmenskultur lassen den Charakter eines Systems zu. Isolierte Ansätze zur Behandlung von Konflikten (z. B. eine Ombudsperson, einen Mediatorenpool oder eine Verfahrensordnung) gelten in diesem Verständnis demnach nicht als Konfliktmanagementsystem.
Weiterführende Literatur: Gläßer, U./Kirchhoff, L. (2011): Konfliktmanagement – von den Elementen zum System. Herausgegeben von PricewaterhouseCoopers AG.

Die Mediation ist von folgenden Wesensmerkmalen geprägt, den sog. Prinzipien der Mediation:

Allparteilichkeit des Mediators

Der Mediator vermittelt zwischen den Parteien und bemüht sich um Verständnis für die Sichtweise aller Konfliktparteien. Er ist nicht parteiisch, sondern fühlt sich allen Konfliktparteien gleich verpflichtet.

Freiwilligkeit der Teilnahme

Die Teilnahme am Mediationsverfahren ist freiwillig. Auch wenn z.B. bei einer innerbetrieblichen Mediation die Leitungsebene in einem Unternehmen das Verfahren initiieren sollte, muss der Mediator sicherstellen, dass die Konfliktparteien selbst entscheiden können, ob und wie intensiv sie sich dann auch inhaltlich im Mediationsverfahren einbringen.

Eigenverantwortung

Die Beteiligten sind selbst für die Lösungsfindung und die konkreten Ergebnisse verantwortlich. Der Mediator unterstützt sie lediglich bei der Suche nach eigenen, tragfähigen Lösungen.

Informiertheit

Um eigenverantwortlich Lösungen zu erarbeiten, müssen die Konfliktbeteiligten über ihre eigene Situation (z.B. ihre rechtliche Lage oder die Alternativen zum Mediationsverfahren) sowie über die Prinzipien der Mediation informiert sein. Darüber hinaus müssen alle für den Konflikt relevanten Informationen in der Mediation offengelegt werden.

Ergebnisoffenheit

Damit Mediation als Verfahren nicht instrumentalisiert wird, muss ein Mindestmaß an Ergebnisoffenheit bestehen. In dem betreffenden Konflikt dürfen nicht außerhalb des Mediationsverfahrens (im Vorfeld oder parallel) die Entscheidungen getroffen werden.

Vertraulichkeit

Die in der Mediation besprochenen Inhalte werden sowohl von den Konfliktbeteiligten als auch vom Mediator vertraulich behandelt. Gemeinsam verpflichten sie sich im Rahmen des eingehenden Mediationsvertrages dazu, die Informationen aus der Mediation nicht in anderen Zusammenhängen gegen die Konfliktbeteiligten zu verwenden.